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Geschichte

Damals und Heute

Das Zentrum von Lohbrügge, durch einen Grüngürtel von Sande getrennt, lag dort, wo heute der Binnenfeldredder von der Leuschnerstr. (früher Dorfstraße) nach Reinbek abbiegt. Bis 1963 waren überall noch Äcker und Wiesen in dem etwa 330 ha großen Lohbrügge. Von den sechs Bauernhöfen rund um den Dorfplatz Lohbrügge - Delvental, Ohl, Sanmann, Schmidt, Wohltorf und Siemer(s) - ist bis heute nur der Sanmann'sche Hof erhalten geblieben.

Nach langen Kämpfen hatte sich ab 1140 bei den nördlich der Elbe ansässigen Slawen das Christentum durchgesetzt. Dies war eine wichtige Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden in Stormarn. Zum Ende des 12. Jh. begann der innere Landausbau und auch Lohbrügge entstand vermutlich um diese Zeit. Etwa um 1200 lag Lohbrügge als Streusiedlung in einem gewaltigen Waldgebiet dem Asbrook.

Im Jahr 1257 wird Lohbrügge erstmals urkundlich erwähnt. Die Urkunde (vom 1.11.1257 ausgestellt in Kirch-Steinbek) ist im Auftrag der Grafen von Holstein, Stormarn und Schauenburg, Johann und Gerhard, verfasst (siehe Stein am Lohbrügger-Markt). Der Text nennt zwölf Dörfer, die heute fast alle noch existieren. Die Orte sind: Ost- und Kirch-Steinbek, Havighorst, Boberg, Ohlenburg, Lohbrügge, Hinschendorf, Schönningstedt und Glinde; Bünebüttel (bei Glinde), Hanevalle (bei Oststeinbek) und Hope. Sie lagen damals wie ein Kranz um ein großes Waldgebiet, den Asbrook (Eschenbruch), der vom heutigen Billstedt bis nach Glinde-Schönningstedt reichte, praktisch der ganze Südosten Stormarns. Die Bille mit Wald, Moor und Heidegebiet, stellenweise auch sumpfiger Marsch, umschloss das gesamte Gebiet. Reste des Asbrook sind noch in der Großkoppel (Glinde), im Krähenwald (Reinbek) und in Havig-horst zu erkennen. Der übrige Wald wurde gerodet, z. T. erst im letzten Jahrhundert.

Mit der o. gen. Urkunde wurde den Dörfern für 70 Mark hamburgische Pfennige der Asbrook verkauft. Der Kaufvertrag sah vor, dass das Gebiet nicht unter den beteiligten Dörfern aufgeteilt werden durfte. Es war gemeinsamer Besitz und sollte dem Vieh als Weide dienen. Besonderen Wert legte man auf die Erhaltung des Eichenbestandes. Er durfte nicht gerodet und kein Holz als Baumaterial geschlagen werden. Eine Kommission hatte über den Eichenbestand zu wachen.

Die Kolonisation war 1257 so weit fortgeschritten, dass Lohbrügge ein fertiges Dorf gewesen sein muß. Die erste Silbe "Loh" kommt aus dem indogermanischen und bedeutet Waldlichtung oder freier Platz am oder im Wald. "Brügge" ist mit dem Wort Brücke verwandt, einem alten Übergang über den, damals noch breiten Billelauf. Eine andere Deutung von "BRUG" ist: sumpfiges Waldland.

Zur Streusiedlung gehörte auch Hope. Es lag nordwestl. der Stelle, wo sich heute der Lohbrügger Ausgang des Bergedorfer Bahnhofs befindet. Da der Ort nicht durch den Asbrook, wie Lohbrügge, gegen den Flugsand der Dünen geschützt war, verschwand der Ort vollständig. Das Höper-Feld wurde fortan von Lohbrügge aus bewirtschaftet. Später entstand anstelle von Hope Sande (um 1580). Der Name Hope ist noch im Straßenzug Höperfeld zu finden.

Lohbrügge unterstand bis zur Reformation der Herrschaft des Klosters Reinbek. Nach dessen Aufhebung im Jahr 1528 wurde das in sich geschlossene Gebiet an das Amt Reinbek, das den Herzögen von Schleswig-Holstein-Gottorf gehörte, verkauft.

Um 1570 wird Lohbrügge mit sechs Hufen (Anteil einer Bauernfamilie an landwirtschaftlich nutzbarer Gemeindefläche) und 15 Katen erwähnt. Diese lagen alle am Weg, der von Bergedorf über die Geest nach Nordwesten führte, einer wichtigen Heer- und Handelsstraße. Der unfruchtbare, sandige Boden der Billeniederung und der Dünen machte Landwirtschaft in Hope, später Sande, unmöglich.

Die erste Zollstation an Sandes Grenze nach Bergedorf mit einer Bauernstelle entstand 1600. Auf Befehl des Reinbeker Amtmanns wurde am Schlagbaum von Sande zunächst ein Wegegeld, dann ein Holzzoll erhoben. Die Zollstation hatte die Aufgabe, die staatlichen Interessen an diesem zwischen Holstein und dem beiderstädtischen Bergedorf gelegenen Grenzstreifen zu sichern. 1690 ist das neue fürstliche Zollhaus gebaut worden, das auch die Genehmigung zum Betrieb einer Brennerei erhielt. Nebenan siedelte sich der Schmied, wichtigster Handwerker für Frachtwagen, an. Der Holzvogt Martin Sager gilt als erster Einwohner des Ortes Sande, das nur ca. 32 ha umfasste.

Als die wenigen Strohdachhäuser "up'n Sande" entstanden waren, siedelten sich dort nach und nach auch Handwerker und Höker an. Durch die Lage an einer der wichtigsten Handelswege wurden auch Angehörige der Gewerbetreibende wie Händler, Stellmacher, Krüger, Brauer, Branntweinbrenner und Fuhrleute angezogen. Ihnen folgten Bäcker, Schuster, Tischler, Leineweber, Schlachter, Glaser, Zimmerleute, Schmiede und Sattler. Archivarien belegen, dass es sich um Leute handelte, die aus Zunftzwang in Bergedorf nicht Fuß fassen konnten. Der 30jährige Krieg unterbrach diese frühe Blüte durch die Truppendurchzüge. Lohbrügge, Sande und Ladenbek zahlten die höchsten Kriegssteuern im Lande.

Zwischen den sechs Hufnern in Lohbrügge herrschte weitgehende Gleichheit des Besitzes. 1704 besaßen sie neben ihren an das Hofgelände grenzende Felder, Hufnerhäuser, meist eine Scheune, Altenteilkate und zwei von ihnen auch ein Backhaus.

Um 1700 hatte Lohbrügge/Sande etwa 250 Einw. und 100 Jahre später brachte man es gemeinsam auf 440 Einwohner. In Sande beschränkte sich die Bebauung auf das Gebiet der Alten Holstenstraße, damals noch Große Straße - von der Grenze bis zum Lohbrügger Marktplatz. Die Häuser in Sande wurden bis ins 19. Jh. in traditioneller Fachwerkbauweise errichtet.

Nach 1721 erhielt das Herzogtum Schleswig-Holstein Gottorf, zu dem auch Sande gehörte, seine Weisungen aus Rußland. 1750 verpfändete sein Sohn, der Großfürst Karl Peter Ulrich (ab 1762 Zar; Gemahl von Katharina d. Gr.), in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein Gottorf, Sande an Hamburg. Beim Gottorfer Vergleich 1768 tauschte Hamburg Sande gegen die Elbinseln wieder zurück. Nach dem Verzicht des Zaren 1773 auf Holsteiner Gebiete kamen diese bis 1865 unter die Oberhoheit des dänischen Gesamtstaates.

1747 hat es die erste Schulkate gegeben, inmitten der Sandberge auf halbem Wege zwischen Sande und Lohbrügge.

In den Jahren 1765-1835 hatten die Einwohner durch Kriege und durchziehende Truppen, Franzosen, Russen und Dänen, zu leiden. Die Bevölkerung war kaum in der Lage, den nötigen Proviant für die Heerscharen abzugeben. Nur langsam konnte sich die Region erholen. Wegen der Eingliederung in den dän. Staat förderte der Kg. die Ansiedlung von Händlern und Handwerkern in Sande; er ließ sogar auf Regierungskosten Häuser bauen.

Ein Teil der Berlin-Hamburger Chaussee entstand 1836-39 als Provinzialchaussee mit fester Decke (heute Lohbrügger Landstr.). Durch den Bau der Eisenbahn (1842), die Errichtung des Bergedorfer Eisenwerkes (1864) und der Nagelfabrik (1883) stieg die Einwohnerzahl von Sande schneller als die von Lohbrügge. Waren es 1864 noch 500 Einwohner, zählte man 1899 bereits 5.600 Bürger. Deshalb waren neue Wohnsiedlungen notwendig. In Sande befanden sich große Freiflächen zum Bauen, preiswerte Wohnmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Außerdem siedelten sich viele Handwerksbetriebe in Sande an. Das Amt Lohbrügge verlangte eine verwaltungsmäßige Trennung, wodurch Sande 1847 einen eigenen Bauernvogt bekam und Gemeinde wurde.

1839 war die Schulkate zu klein geworden, so dass ein Neubau erforderlich wurde. Im gleichen Jahr ließ der dän. Kg. Frederik VI. das neue Sander Zollhaus mit Wappenstein und den königlichen Initialen bauen. Eine Kopie des Wappens befindet sich am Eingang des heutigen Marktkaufcenters und weist auf den einstigen Standort des Zollhauses hin. Das Original der Kartusche ist im Bergedorfer Schloss zu sehen.

Als 1846 die Eisenbahn Hamburg-Berlin eröffnet worden war, ging der gesamte Verkehr in Sande noch durch die Alte Holstenstraße. Dabei sorgten die geschlossenen Bahnschranken häufig für lange Staus (erst 1891 wurde ein Fußgängertunnel gebaut).

Im deutsch-dänischen Krieg 1864 verlor Dänemark die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg. Für zwei Jahre verwaltete Österreich Holstein, ab 1866 gingen die Gebiete in preuß. Besitz über. Damit fiel die Zollgrenze zu Bergedorf, dem Holsteiner Nachbarn. Die Verwaltung von Sande oblag den Gemeindevorstehern in Sande und Lohbrügge sowie dem Amt Reinbek mit der Justiz. 1868 wählten die Sander erstmals einen eigenen Bürgermeister und ihre Gemeindevertreter.

1864 verlegte der Fabrikant Wilhelm Bergner seine kleine Maschinenfabrik von Geesthacht nach Lohbrügge. An der neuen Eisenbahnstrecke entstand das Bergedorfer Eisenwerk und 1883 siedelte sich dort auch die Nagelfabrik an. Der weitere Bau von Wohnraum wurde notwendig, weswegen sich auch zahlreiche Ziegeleien in Lohbrügge etablierten. Es entstanden eingeschossige Backsteinbauten für vier und mehr Familien rund um das Höperfeld.

1878 waren vier Klassen im steinernen Schulneubau untergebracht, der auch eine Lehrerwoh-nung hatte. Schon 1880 wurde angebaut und fünf Jahre später gab es ein neues Dach aus Ziegeln.

1892 vernichtete ein Feuer einen großen Teil der Sander Tannen. Auf dem so entstandenen freien Platz wurde 1899 die Erlöserkirche errichtet.

Aus Sande, Lohbrügge und Ladenbek wurde 1895 eine Gemeinde mit dem Namen Sande. Ab 1897 war der Ort eigenständig und nicht mehr dem Amt Reinbek unterstellt.

Um 1900 begann man vermehrt mit dem Bau von Mehrfamilienhäusern in der Großen Straße (Hochphase in der heutigen Alte Holstenstr.), in denen im Erdgeschoss Läden untergebracht waren. Der Ort hatte inzwischen 5.700 Einwohner; es gab zwei Fabriken, zwei Wäschereien, fünf Ziegeleien und 11 Gasthäuser. Zwei Schulhäuser entstanden: 1898 für Knaben und 1903 für Mädchen. Neue Straßen wurden gebaut und eine Sparkasse eingerichtet. Die Gasversorgung stellte ab 1903 durch das Bergedorfer Gaswerk sicher. 1905 war Baubeginn des Wasserturms, der sich bis 1907 hinzog, das Wasserwerk war bereits 1906 fertiggestellt. Die meisten Häuser erhielten eine eigene Wasserleitung, aber erst 1934 entstand die Kanalisation.

Nach dem 1. WK bekannten sich die Arbeiter aus Sande zur SPD und KPD, wodurch der Ort "rotes Sande" genannt wurde.

1929 wurde das Dorf Boberg eingeschlossen und die Großgemeinde hieß fortan Lohbrügge.

Der Bahndamm entstand 1934 und die Eisenbahnlinie verschwand nach "oben". In dem Jahr erhielt Lohbrügge endlich auch seinen eigenen Bahnzugang.

1938 wurde Lohbrügge hamburgisch durch das Groß-Hamburg-Gesetz. Straßen mußten umbenannt werden, um Doppelbezeichnungen zu vermeiden.

1957 feierten die Lohbrügger ihre 700-Jahr-Feier.

Zwischen 1963 und 1970 entstand auf den Feldern der Bauern der Stadtteil Lohbrügge-Nord. Das Gebiet umfaßt 245 Hektar und hatte etwa 30.000 Einwohner. Die ersten Häuser der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille wurden am Kirschgarten mit Reihen- und Mehrfamilienhäusern gebaut. Bis 1979 ist die gesamte Infrastruktur für weitere 5.800 Wohnungen, darunter auch 880 Eigenheime, geschaffen worden. Die Bauherren waren die Neue Heimat und andere Bauträger. Nach den ersten Wohnblocks am Binnenfeldredder und anderen Neubauten entstanden Hochhäuser, Ladenzentren mit Arbeitsplätzen, Schulen, Kindergärten, zwei Kirchen, Sportanlagen, Kleingärten, zwei Altenheime und 1967 die Ingenieurschule. Ein Fernheizwerk am Havighorster Weg sorgt für Warmwasser und Fernheizwärme.

Ende 1986 hatte Lohbrügge eine Fläche von 1.304,5 ha und man zählte 35.238 Einwohner. Im Jahr 2000 zählte man in Lohbrügge schon 36.763 Einwohner. Damit war das historische Lohbrügge nach und nach Neubauten, Gewerbeansiedlungen, Verkehrsprojekten und dem Wohnen gewichen.

© Bärbel Hamester